Mittwoch, 18. März 2009
Von Piranha bis zur Dressurstunde
Dienstag
Heute früh habe ich nach dem Misten ausnahmsweise mal mit Piranha begonnen. Meistens steht Piranha nur auf der Weide, aber manchmal muss ich trotzdem etwas mit dem Pony machen, weil es sonst viel zu dick wird. Deshalb war heute Longieren angesagt für Piranha. Für mich ist das immer ganz lustig, wenn ich Piranhas Ausrüstung sehe. Sein Halfter oder seine Trense sind eine Miniaturausgabe von jenen der Grosspferde. Gamaschen gibt es für ein so kleines Pony fast nicht, deswegen bandagiere ich bei Piranha immer die Vorderbeine.
An der Longe kam er heute gehörig ins Schwitzen, weil er schon lange keine Bewegung mehr hatte. Meistens grast Piranha einen Fleck auf der Koppel ab, aber er macht keinen Schritt zu viel. Er könnte ja abnehmen dabei… Heute hat er aber sein Fett wegbekommen und musste richtig schwitzen an der Longe. Morgen hat er bestimmt Muskelkater.
Um neun Uhr habe ich mich mit Stephane verabredet. Er ist Bereiter im Nachbarstall und wir trainieren oft unsere Pferde zusammen. Da ich die Reithalle des Nachbarstalles mitbenutzen darf, können wir uns dort gut zum Reiten verabreden. Stephane arbeitet schon zehn Jahre mit Jungpferden und kennt sich sehr gut aus. Heute habe ich mal Cayenne mitgenommen zur Halle. Gemeinsam haben wir dann Springgymnastik gemacht und einige kleine Sprungreihen mit Cavalettis und Stangen aufgebaut. Cayenne soll im Moment besonders das Taxieren üben und dabei immer sicherer werden. Dabei geht’s es nicht um die Sprunghöhe, sondern um die Art des Sprungs. Stephane hat mir verschiedene Sprungfolgen aufgebaut, sodass ich immer aus verschiedenen Richtungen anreiten musste. Für ihre vier Jahre war Cayenne wirklich gut. Wenn sie so weiter macht, wird sie mal ein gutes Springpferd.
Während sich Cayenne in der Führanlage vom Training erholte, richtete ich Alizee für das Longentraining. Ich reite sie nicht jeden Tag, weil das noch viel zu viel für sie wäre. Es ist schon schwer genug für ein junges Pferd, wenn es sich an den Sattel etc. gewöhnen muss. Vor dem Anreiten werden bei uns junge Pferde immer erst anlongiert, aber trotzdem ist es ungewohnt für sie mit dem Sattel. Alizee war heute wieder wie ein Pulverfass im Training und sie ließ ihre ganze Kraft raus. Langsam beginnt sie, an den richtigen Stellen Muskulatur zu entwickeln. An der Longe hat sie sich heute sehr gut vorwärts-abwärts bewegt und sie wurde schnell locker. Dennoch muss man bei ihr sehr vorsichtig sein, weil sie sich schnell aufregt. Sobald irgendein Geräusch neben der Halle erklingt, prescht sie gleich davon und braucht dann eine Ewigkeit, bis sie wieder ruhig wird. Das ist heute auch mehrmals passiert. Junge Pferde sind zwar immer etwas hitzig, aber bei Alizee ist das schon extrem. Aber wie bei den Menschen hat auch jedes Pferd einen ganz eigenen Charakter.
Weiter ging es dann mit Hyazinth. Heute habe ich weiter an den Übergängen gearbeitet, diesmal jedoch vor allem im Galopp. Durch Hyazinths enorme Größe ist es sehr schwer, mit seinen raumgreifenden Gängen langsam zu reiten. Er muss viel mehr Last auf die Hinterhand aufnehmen als ein normalgroßes Pferd, weil er sonst zu schnell wäre. Die Versammlung ist also sehr wichtig. Das Training bestand heute darin, erst mal aus dem Stand anzugaloppieren, danach habe ich immer wieder das Tempo gewechselt vom Arbeitsgalopp zum versammelten Galopp, danach zum starken Galopp und so weiter. Am Ende standen dann noch ein paar Galopppirouetten auf dem Programm. Ich war eigentlich zufrieden mit Hyazinth, aber er war ein bisschen faul gewesen heute.
Bei Dakota waren heute schon deutlichere Harztropfen am Euter zu erkennen, ich vermute dass das Fohlen entweder in der kommenden oder in der nächsten Nacht kommen wird. Mit Dakota habe ich heute einen kleinen Spaziergang gemacht.
Mit Ditlena habe ich heute das Springtraining vom Vortag weitergemacht. Stephane hat mir dabei ein bisschen zugeschaut, weil er selbst ein sehr erfahrener Springreiter ist. Ich selber bin eher Dressurreiterin. Heute lief das Training nicht so gut mit Ditlena, sie hat die gleichen Fehler gemacht wie gestern und war ein bisschen faul. Aber auch Pferde haben mal einen schlechten Tag. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass es besser gelaufen wäre, aber man soll nichts erzwingen. Sonst springt Ditlena eigentlich gerne und vielleicht klappt es morgen besser. Nach dem Springtraining habe ich noch eine kleine Runde ins Gelände gemacht, wo sich die Stute sichtlich entspannen konnte.
Pamina Blue geht es auch schon sehr viel besser, sie durfte heute dreimal jeweils zwanzig Minuten in die Führanlage. Ihre Zerrung ist soweit ganz gut. Ich kontrolliere immer vor und nach dem Laufen die Temperatur ihres Beines. Heute war es überhaupt nicht erwärmt nach dem Laufen. Trotzdem habe ich die Stelle ein bisschen gekühlt. Auf dem Putzplatz haben wir eine Kühlgamasche, die man direkt an den Wasserhahn anschließen kann. Dann lässt man einfach das Wasser an und das Pferdebein wird nach und nach gekühlt. Die Pferde können unterdessen fressen oder einfach dösen. Wasser ist immer noch die einfachste und beste Kühlmethode und die kleine Erfrischung schien Pamina zu gefallen. Sie winkelt dann immer ein Hinterbein an und stellt das gegenüberliegende Vorderbein etwas vor. Die Ohren sinken dann langsam zur Seite und die Unterlippe klappt auf.
Mr. President wurde heute zwar wieder von Tanja geritten, aber ich habe ihr beim Training zugeschaut und ihr ein paar Tipps gegeben. Sie muss noch ein bisschen feiner werden in der Hand, damit President noch präzisere Hilfen bekommen kann. Ein paar Seitengänge standen auch auf dem Programm, die sind für Mr. President auch sehr gut weil er dann schön locker wird. Tanja macht ihre Sache wirklich gut und sie passt auch zu dem Pferd.
Milord war heute mein letzter Kandidat unter dem Sattel. Im Moment macht er große Fortschritte und er lässt sich immer mehr auf den Reiter ein. Manchmal kann er ja ganz schön stur sein und sich immer gegen die Hand stellen, aber langsam gibt er nach und wird dann richtig gut. Wie gestern schon habe ich mit ihm Übertreten und Schenkelweichen geübt, damit er gut an den Hilfen steht und nicht ausweichen kann. Gleichzeitig machen diese Lektionen seinen schwammigen Körper etwas angespannter. Zum Schluss habe ich noch ein paar Übergänge im Trab geübt, die er eigentlich ganz gut gemeistert hat. Er hat das Gebiss gut angenommen und ließ sich gut stellen.
Das schöne Wetter war für die Pferde wieder sehr angenehm, da sie den ganzen Tag lang draußen sein konnten.
Nach dem Reiten habe ich noch ein paar andere Dinge erledigt. Zum Beruf des Pferdewirts gehören nicht nur Reiten und Misten, sondern, man glaubt es kaum, auch mal Bürokram. Ich musste einige Pferde zu Turnieren anmelden, eine Sammelbestellung Wurmkuren abschicken und Tierarztrechnungen abheften. Die Büroarbeit macht zwar meistens mein Vater, aber der ist momentan geschäftlich im Ausland.
Nach der Büroarbeit war es schon fünf Uhr mittags, aber mein Arbeitstag war noch lange nicht zu Ende. Ich bin in einen anderen Reitstall gefahren und habe dort in einer Dressurstunde mitgemacht. Wenn ich in meinem Stall früh genug fertig bin, fahre ich immer noch zur Dressurstunde. Zusammen mit drei anderen Pferdewirten reiten wir immer unter Anleitung eines sehr guten Lehrers. Manchmal studieren wir auch eigene Aufgaben ein oder reiten Lektionen aus dem Aufgabenheft als Übung.
In der Reitstunde reite ich immer Ladina. Ladina war vor vielen Jahren mal Galopprennpferd, aber sie war nicht sehr gut und wurde deshalb sehr bald wieder verkauft. Nach ihrer Zeit auf der Rennbahn hatte die kleine Rappstute über 24 Besitzer. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Welcher Mensch zieht schon 24 Mal um in seinem Leben? Ladina ist zwar schon 24 Jahre alt und ein Pferdeoldtimer, aber in dieser verhältnismäßig kurzen Zeit hat sie schon eine Menge erlebt. Dieses Pferd fasziniert mich immer und ich stelle mir immer vor, wie viel sie wohl zu erzählen hätte, wenn sie sprechen könnte. Leider ging es Ladina in den letzten Monaten nicht sehr gut, weil sie Arthritis hat. Diese Krankheit kommt meistens schubweise und bereitet den Betroffenen besonders bei nasskaltem Wetter große Schmerzen. Deshalb konnte Ladina lange nicht geritten werden. Überraschenderweise ging es ihr aber Anfang Februar wieder besser und sie kann seitdem wieder moderat geritten werden. Die Reitstunde am Dienstag tut ihr sehr gut, weil sie sich dann mal richtig bewegen kann. Dressur macht ihr immer noch sehr viel Spaß und sie blüht manchmal richtig auf unter dem Sattel. An den anderen Wochentagen genießt sie meistens die grünen Weiden oder ein paar kleine Mädchen gehen mit ihr spazieren. Obwohl Ladina schon sehr viel durchgemacht hat in ihrem Leben, ist sie das liebste Pferd, das ich kenne. Sie würde keiner Fliege etwas zuleide tun und sie ist total brav zu kleinen Kindern.
Die Dressurstunde hat mir großen Spaß gemacht und Ladina auch. Am Ende waren wir zwar beide müde und geschafft, aber es war trotzdem eine tolle Stunde gewesen.
Wieder zurück im Stall spazierte ich noch ein letztes Mal mit Pamina um den Block, bis ich dann auch meinen Feierabend einläutete.

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